Indien

 

 

India lives in several centuries

at the same time.

 

Arundhati Roy

 

 

 

Unser Freund Hans, der 2011 mit uns auf der letzten Hundeschlittentour in Finnland war, fragte uns, ob wir mit ihm und seiner Frau Irène im Frühling 2012 nach Indien reisen würden. Natürlich habe ich Thomas getestet. Als er von der Arbeit nach Hause kam, fragte ich ihn im Laufe des Abends: "Du, was meinst du, wollen wir uns Mal Indien anschauen?" Wie erwartet seine Reaktion: "Was? Indien? Sicher nicht!" Aber mit unseren guten Freunden natürlich schon.

 

So fliegen wir also am 4.4.12 nach Delhi, wo wir um Mitternacht landen. Am 5.4.12 um 10 Uhr werden wir abgeholt. Es ist heiss. Der Führer spaziert mit uns durch Old-Dehli. Danach Fahrt zum India Gate, Raj Ghat (Gandhi Denkmal), Roten Fort, Lotus Tempel, dem Grabmal des Mogul-Kaisers Humayun und zur Siegessäule Qutab Minar. Dann bringt er uns zum Bahnhof, wo wir eine Nachtfahrt nach Varanasi gebucht haben. Das 4-er Abteil erweist sich als Abteil mit Vorhang. Also nichts da mit vornehmem Schlafabteil. Die Wagontüre geht die ganz Nacht auf und zu. Ich halte sie jeweils, damit der Wasserträger und andere Reisende bequem durchgehen können. Es ist eine Erfahrung der besonderen Art. Ich schaue mir gleich das Klo an und bin erstaunt. Es ist nur ein Loch, aber es ist - noch - sauber. Nur die Wände weisen haufenweise rote Spuren auf. Man kaut hier sehr viel Betelnuss. Das spuckt man dann aus und das erzeugt überall rote Flecken.

 

MACHT EUCH AUF GAAAANZ VIIIIELE FOTOS GEFASST. Das geht in Indien nicht anders.

 

 

 

Ich habe mich bisher immer sehr zurückgehalten, Menschen zu fotografieren. Aber in Indien tue ich das sehr ausgiebig. Erstens finde ich die Menschen sehr schön, zweitens werden sie gerne fotografiert und machen dann ihrerseits mit dem Handy ein Foto von uns. 

 

6.5.12 Wir erreichen Varanasi (auch Benares oder Kashi genannt) am Morgen. Wiederum werden wir bereits erwartet und mit dem Auto ins Hotel, direkt beim Ganges, gebracht.

 

Varanasi ist die älteste, durchgängig bewohnte Stadt der Welt. Für Hindus gilt es als besonders erstrebenswert, in Varanasi im Ganges zu baden sowie dort einmal zu sterben und verbrannt zu werden. Es gibt 3 Gründe, weshalb jemand nicht verbrannt wird: Schwangere Frauen, Kinder und Sadhus (= heilige Männer und Anhänger des Gottes Shiva). Unser Guide informierte uns, dass auch Leute, die wegen einem Schlangenbiss gestorben sind, nicht verbrannt werden. Diese Personen werden in weisse Tücher gewickelt, mit einem Boot auf den Ganges hinausgefahren und, beschwert mit einem Stein, in den Ganges befördert (ich stelle mir vor, dass der Boden des Ganges übersät ist mit solchen Leichen).

 

Der Ganges ist einer der dreckigsten Flüsse der Welt. Jedoch die Menschen baden darin, putzen mit dem Wasser ihre Zähne, baden ihre Tiere und die Kleider, die sie anschliessend auf den Ghats (den Steinstufen) zum Trocknen auslegen. Weil ich immer sehr früh wach bin, schlendere ich diese Ghats rauf und runter und schaue dem regen Treiben zu. Es stimmt mich aber auch nachdenklich. Ein Mal beobachte ich zwei Jungen. Sie kauern sich bei einem Spalt, den es zwischen den Ghats hat, Rücken an Rücken und erledigen so ihr Geschäft. Dass man so etwas Intimes so öffentlich machen muss. Ich weiss aus Berichten, dass es in Indien viel zu wenige Klos hat. Deshalb besuchen viele Mädchen keine Schule. Denn wenn sie müssen, müssen sie ins Gebüsch und dort werden sie oft überfallen und vergewaltigt.

 

Zugfahrt nach Varanasi

 

7.4.12 Varanasi 

Fahrt zum heiligsten Hindu-Tempel, Besuch des Dorfes Sarnath, wo Buddha in seiner ersten Rede die Lehre des "mittleren Wegs" zum Nirwana verkündet hat. Kauf von Stoffen und Schals in einer Seidenweberei.

 

8.4.12 Varanasi

Besichtigung der Benares Universität (ca. 8000 Studenten) sowie von 2 Tempeln, u.a. dem Affen-Tempel, wo es sehr schmutzig ist. Nach dem Nachtessen Fahrt zum Bahnhof. Anstatt um 22 Uhr fährt der Zug etwa um Mitternacht Richtung Jabalpur.

 

9.4.12 Jabalpur - Kanha-NP

Der Zug kommt mit 3 Stunden Verspätung in Jabalpur an. Hier werden wir nicht erwartet. Der Fahrer Junus steckt im Stau und hat ebenfalls Verspätung. Gegen Mittag fahren wir Richtung Kanha NP (160 km), wo wir schon nach 15 Uhr im Kanha Tuli Tiger Resort ankommen. 

Junus ist unser Fahrer bis Khajuraho.

Schon um 16 Uhr gehts auf eine Safari. Wir sehen Axis- und Sambarhirsche, Eisvögel, Languren Affen, Reiher, Shikra Sperber, Büffel und Tigerspuren; und viele Jeeps mit vielen Touristen. 

In Indien gibt es 1'500 Tiger, 62 davon im Kanha NP.

 

10.4.12 Kanha National Park

Safari von 05:30-11:00 Uhr.: Sambarhirsche (Pferdehirsch), Barasinghas (Zackenhirsch), Shikra Sperber, Würger, Racken, Drongos, Schildkröte, Fischeule und Fleckenuhu, Kukuck, Schlangenadler, Kiebitz, Ibis, Wildschweine.

 

11.4.12 Fahrt in dern Bandhavgarh NP (240 km)

 

12.4.12 Bandhavgarh NP

05:30 Safari. Gleich zu Beginn sehen wir zwei junge Tiger hoch oben auf einem Felsvorsprung mit der Mutter. Später nochmals zwei ganz nahe. Zudem wieder Barasinghas, Marabus, Damadrossel, Hausrotschwanz, Lippenbär, Elster, Kukuck, Ziegenmelker, Waran, Indische Racke, Eisvogel, Wollstorch, Schlangenweihe und wunderschöne Malabar-Lackbäume (Flaming of the forest).

 

13.4.12 Junus holt uns um 13 Uhr ab und wir fahren mit ihm bis ins Hotel Lalit Temple View nach Khajuraho (240 km). Inzwischen hält Junus unaufgefordert an wenn er etwas zum Fotografieren sieht. 

 

14.4.12 Vormittags Besichtigung der Tempelanlagen von Khajuraho mit erotischen Motiven. Als Ende des 19. Jahrhunderts die Weltöffentlichkeit von diesen Tempeln erfuhr, wurde ernsthaft diskutiert, sie zu zerstören. Zu sehr waren die Europäer von den drastischen erotischen Darstellungen schokiert. Heute gelten diese Tempel als Weltkulturerbe.

Nachmittags Fahrt nach Orcha (4 Stunden). Unterwegs holt Junus - nach Rücksprache mit uns - seine Frau und 2 Töchter ab. Seine Frau muss in Orcha ins Krankenhaus. 

 

15.4.12 Vormittags Besichtigung des Jehangir Mahal Palastes. Unterwegs hält Junus wegen einer Hochzeit an und fordert uns auf, Fotos zu machen, was wir dann auch gegen ein Entgelt tun.

Dann streifen wir durch den Markt, wo Irène und ich von zwei jungen Mädchen ein Henna-Tattoo auf den Unterarm verpasst bekommen. Am Nachmittag Fahrt zum Bahnhof wo um 18 Uhr der Zug (Nobelklasse!!!) nach Agra fährt. Verabschiedung von Junus.

 

 

Bunt ist meine Lieblingsfarbe

 

Orcha

 

Um den Taj Mahal in Agra zu besichtigen, fahren wir um 05:30 Uhr los. Danach Besichtigung des Roten Fort. Das ist sehr schön mit wunderbaren islamischen, gothischen, persischen, jai und jüdischen Intarsien. Einem Steinmetz schauen wir bei der Arbeit zu und am Abend sehen wir uns eine Bollywood-Show an.

Taj Mahal: Der Gebäudekern besteht, ebenso wie die Kuppel und die Minarette, aus vor Ort gebrannten Ziegelsteinen, die aussen wie innen mit weissen Marmorplatten verkleidet sind. Der Grossmogul Shah Jahan liess den Bau zum Gedenken für seine im Jahre 1631 bei der Geburt ihres 14. Kindes verstorbene Frau Mumtaz Mahal erstellen. Die Baumaterialien wurden aus Indien und anderen Teilen Asiens mit Hilfe von ca. 1000 Elefanten herangeschafft.

 

17.4.12 Sieben Uhr Abfahrt nach Fatehpur Sikri, Besichtigung des Rang Mahal Palastes, Weiterfahrt in den Ranthambore Nationalpark.

 

18.4.12 Ranthambore Nationalpark

Erste Safari um 06:15. Gegen Ende der Tour rast unser Fahrer plötzlich los, wie viele andere Guides, weil man einen Tiger gesehen hat. Ein wilder Haufen Autos, Motorräder und wild gestikulierender Inder! Der Tiger liegt etwa 30 m weg unter einem Busch im Schatten. Keine Chance für ein Foto. Sehen viele Pfaue, der indische Nationalvogel, das Nilgau, eine Antilope sowie Zackenhirsche. Um 10:30 sind wir zum Frühstück zurück. Nach 15:00 zweite Safari, keine Tiger. 

 

19.4.12 Heute fahren wir weiter nach Jaipur. Anstatt um 14 Uhr besichtigen wir den Palast der Winde eine Stunde später, dann das Observatorium Jantar Mantar, den Maharaja's City Palast. Unser Führer ist sehr hektisch, hetzt uns durch die Strassen und findet den Palast der Winde nicht sehenswert, wir sollen gleich zum Observatorium Sanrat Jantar. Aber wegen dem Palast der Winde wollte ich unbedingt nach Jaipur. Er geht nicht auf unsere Wünsche ein, erklärt nichts. Hans will ihn morgen nicht mehr als Führer. Aber nach einer Aussprache "behalten" wir ihn. Am Abend Puppentheater vor dem Hotel.

 

Palast der Winde: Das fünfstöckige – nur etwa fünf bis acht Meter tiefe – Gebäude mit der von zahllosen jaroka-Balkonen dominierten Fassade besteht aus rotem und rosa Sandstein mit Verzierungen aus Branntkalk. Es diente allein dazu, den Haremsdamen zu ermöglichen, die zu Ehren des Herrschers oder an religiösen Festtagen veranstalteten pompösen Festumzüge zu betrachten, ohne selbst sichtbar zu sein. Die Fassade zur Straße enthält 953 kleine, kunstvoll gestaltete und vergitterte Fenster, die eine ständige, ein wenig kühlende Luftzirkulation gewährleisten, daher der Name Wind-Palast (hawa = Wind, mahal = Palast). Durch die Gitterfenster (Jalis) konnten die Frauen des Hofes unbeobachtet das Treiben auf der Straße verfolgen.

 

Das Observatorium Sanrat Jantar ist mit 27 m die weltweit grösste Sonnenuhr, die die Zeit auf etwa 2s genau anzeigen kann.

 

Jaipur

 

Hier in Jaipur trennen sich unsere Wege. Irène und Hans bleiben noch eine Woche in Indien, Thomas und ich fahren mit einem Guide/Taxi nach Dehli. Unterwegs fragt uns der Fahrer, ob er einen Abstecher zu sich nach Hause machen kann. Ich bin dafür, Thomas dagegen. So hält der Fahrer irgendwann mitten auf der Strasse an und es gibt einen Fahrerwechsel. Thomas ist sehr skeptisch. Ich finde alles okay denn ich glaube nicht, dass einer, der einen Job als Fahrer hat, diesen riskiert. Und so ist es. Der neue Fahrer bringt uns sicher nach Dehli. Dort verlässt er uns erst, als er sicher ist, dass wir am anderen Morgen abgeholt und zum Flughafen gebracht werden.

 

Wenn ich an Indien denke, denke ich an eine Welt voller Farben und an viele schöne Menschen.

 

 

 

 

We take photos as a return ticket to a moment otherwise gone